Worum es geht: Es bedarf schon einer gewissen Eiseskälte, die Volatile Organic Compounds (VOC) in ihrer Gesamtheit aus Luft- oder einer Materialprobe sicher und zuverlässig mittels Gaschromatographie und Massenspektrometrie (GC/MS) zu bestimmen. Die Regel lautet: Je weniger man weiß über die flüchtigen organischen Inhaltsstoffe, desto niedriger temperiert sollte die Kühlfalle (PTV-Injektor) sein. Nur so lässt sich eine maximale Zahl an VOC erfassen. Das gelingt, wenn alle in der Proben enthaltenen VOCs in einem kontrollierten Umfeld kryofokussiert werden. Dieses Vorhaben knüpft jedoch an ein gewisses Mindestmaß an technischer Ausstattung und Laborlogistik. An den Einsatz tiefkalten flüssigen Stickstoffs (N2) etwa. Das sich die Analyse von VOC in Luft über einen großen Flüchtigkeitsbereich hinweg aber auch mit geringerem technischen und logistischen Aufwand realisieren lässt, sprich ohne den Einsatz tiefkalten flüssigen Stickstoffs, macht die „dynamische Fokussierung“ (GERSTEL-Dynamic Foucussing) deutlich Sie ermöglicht nicht nur die gleichzeitige Bestimmung von VOC über eine weiten Siedepunktbereich hinweg. Sie erfüllt überdies die Anforderungen der Standardmethoden US EPA TO-17 oder der EN DIN ISO 16000-6 mustergültig.  

Der Lösungsansatz: Als Kühlfalle dient ein in das GERSTEL-KaltAufgabeSystem (KAS) eingeführter Liner, der mit einem adsorbierenden Material gefüllt ist. Die KAS-Temperatur wird nicht mit tiefkaltem flüssigen Stickstoff (N2) tiefgekühlt, sondern von der Universellen Peltier-Kühlung (UPC Plus): Bei der UPS handelt es sich um ein elektrisch betriebenes Modul, das eine Ethanol-Wasser-Mischung als Kühlmedium enthält. Die UPC ist, obgleich begrenzt in ihren Möglichkeiten, vielseitig einsetzbar. Damit lassen sich KAS und Thermodesorber (TDU, TD 3.5+ etc.) sowie die DHS-Option, der Agitator und die Probentrays des Autosamplers (GERSTEL-MultiPurpose-Sampler, MPS) kühlen, und zwar im kontinuierlichen Betrieb, weil das Kühlmittel im Kreislauf geführt wird. Der Versorgungs- und Wartungsaufwand ist gering, das Gerät im Betrieb sehr leise. Erreichen lassen sich mit der UPC allerdings nur Temperaturen bis plus 10 °C; tiefere Temperaturen sind aber auch nicht erforderlich, wie sich zeigen wird. 

Der Clou: Das KAS wird mit der UPC auf die tiefst mögliche Temperatur von plus 10 °C eingestellt (!). Anstatt die Analyten in zwei getrennten Stufen zu fokussieren und zu desorbieren, einmal im Thermodesorptionssystem und einmal im KAS, werden beide Stufen überlappt und miteinander verschachtelt: Während die Mittel- und Hochsieder vom Sorptionsmittel eingefangen und erst beim Erhitzen desorbiert werden, wird die Bewegung niedrigsiedender flüchtiger organische Verbindungen in ihrer Bewegung kurzerhand zeitrafferartig ausgebremst und verlangsamt und auf diese Weise in einem scharfen Band fokussiert. Dieses Bremsmanöver macht sich im Chromatogramm durch die Ausbildung klarer und scharfer Signale (Peaks) bemerkbar, sobald das Temperaturprogramm des Thermodesorptionssystem startet und die restlichen VOCs samt SVOCs auf die Trennsäule zu ihrer Bestimmung überführt werden.   

Das Analysensystem: Unser Messsystem bestand aus einem TD-Core-System (GERSTEL), einem Komplettsystem, das sich im Wesentlichen auf folgenden Komponenten zusammensetzt: Die Basis bildet ein GC/MS-System von Agilent Technologies (8890 GC/5977 MSD), einem KAS (PTV-Injektor) als Kühlfalle, über dem ein Thermodesorber TD 3.5+  thront (beide GERSTEL). In das System waren weiterhin inkludiert: ein Autosampler (GERSTEL-MPS) für die automatisierte Probenvorbereitung und Probenaufgabe. Zwei Optionen (Internal Standard and Dry Purge [ISDP/ISDP+]) kamen zudem zur Anwendung, und zwar um den Proben automatisiert gasförmige und flüssige interner Standards vor der Analyse hinzuzufügen. Alle Details der Untersuchung über das verwendete Material und das Instrumentarium sowie die verschiedenen Analysenbedingungen lassen sich in der AppNote 261 nachlesen.  

Die Anwendung: Wir haben umfangreiche Testmessungen durchgeführt und sicherstellt, dass sich die konfigurierte Technik für die Bestimmung eben jener Analyten eignet, die in der US EPA TO-17 und der EN DIN ISO 16000-6 genannten Flüchtigkeitsbereich abdecken, unter anderem Propylen, 1,3-Butadien, Vinylbromid, Aceton, 2-Propanol, Schwefelkohlenstoff, Allylchlorid, Methyl-tert-butylether, Dichlorethylen, n-Hexan, Vinylacetat, Butanon, Ethylacetat, Tetrahydrofuran, Cyclohexan, Iso-Oktan, n-Heptan, 1,4-Dioxan, Bromdichlormethan, Methylisobutylketon, 2-Hexanon, Dibromchlormethan, Bromoform, 4-Ethyltoluol und Benzylchlorid. Deren Bestimmung verlief einwandfrei und erfolgreich, was die erfolgreiche Teilnahme an einem Ringversuch (DIN ISO 16000-6 und DIN EN ISO 16017-1) ergebnishaft dokumentierte; nachzuweisen waren 1,2,4- Trimethylbenzol, alpha-Pinen, Cumol. Ethylenbenzol, m-Xylen, n-Butylacetat, n-Octan, Benzol und Toluol. 

Das Fazit: In den Blick genommen wurden wie es bei einer Methodenentwicklung üblich ist, nicht allein das Erreichen determinierter Bestimmungs- und Nachweisgrenzen. Die Anwendung der dynamischen Fokussierung überzeugte im Kontext der TO-17 und der ISO 16000-6 durch hinreichend richtige und präzise Messergebnisse; eine Verschleppung von Analyten wurde nicht festgestellt (Details s. AppNote 261). Die dynamische Fokussierung lässt sich erfolgreich zur Bestimmung einer großen Bandbreite leicht- bis schwerflüchtiger organischer Verbindung (VVOC, VOC und SVOC) einsetzen, was durch die Bestimmung einer standardisierten TO-17-Gasphase und dazugehöriger interner Standards belegt wurde. Die Bandbreite der statistisch gesichert bestimmten Verbindungen reichte von Propylen (Siedepunkt: -46,6 °C) und 1,3-Butadien (-4,4 °C) über Tetrahydrofuran (66 °C) und Cyclohexan (80,75 °C) bis hin zu 4-Ethylentoluol (ca. 16 °C) und Benzylchlorid (179 °C) – bei sehr moderater Fallenkühlung mittels einem ventilfreien System, sprich ohne tiefkalte Kühloptionen und damit verbundener Komplexität. Die erfolgreiche Teilnahme an einem Ringversuch beziehungsweise der Analyse des darin eingesetzten Standards (ISO 16000-6) untermauert die Tauglichkeit der dynamischen Fokussierung für die kryogenfreie Bestimmung flüchtiger organischer Verbindungen über einen weiten Siepunktbereich hinweg und damit auch ihren Einsatz in der Laborroutine.  

Referenz 

Nünemann L, Hoffmann A, Haferkamp M, Thaxton K (2024). Ambient Air Analysis with Dynamic Focusing. GERSTEL AppNote 261. www.gerstel.de

Weight
1119